„Jesus“ marschiert durch Berlin und missioniert im Estrel Congress Center…

Die christlich-fundamentalistische „Miracle Centre Church“ verspricht „eine Woche der Zeichen, Wunder & Heilungen“

Wer vergangenes Wochenende in Berlin City unterwegs war, hat sich vielleicht über die vielen jubelnden „Jesus-Fans“ gewundert. Viele mögen irritiert gewesen sein – einige sicherlich aber auch interessiert an der großen Begeisterung der jubelnden Menschen.

Und das war erst der Anfang: Denn diese Woche findet – wie schon im Vorjahr – erneut das Missionsevent „Mission Berlin“ im Estrel Convention Center statt.

Hinter der Veranstaltung steht der deutsche Ableger der ugandischen Mega Church „Miracle Centre Cathedral“ („Robert Kayanja Ministries“) aus Kampala. Deren Leiter, Robert Kayanja, reiste mit seiner Ehefrau Jessica zu dem Event extra aus Uganda nach Berlin an. Und wurde von seinen Fans am Flughafen frenetisch bejubelt.

Die von den Veranstaltern angekündigte Woche von „Zeichen, Wundern & Heilungen“ steht Berlin indes wohl nicht bevor. Stattdessen ist gewiss, dass wieder einmal nach Orientierung und Hilfe suchende Menschen mit Unterstützung christlicher Gruppen auch aus Deutschland manipuliert und missbraucht werden.

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Die „Miracle Centre Cathedral“ & deren schwer reicher Leiter Robert Kayanja

Die „Miracle Centre Cathedral“ ist eine der mittlerweile größten pfingstlerischen Megachurches in Uganda. Gründer Robert Kayanja ist zugleich Gründer einer der größten christlichen Fernsehsender Ugandas, Channel 44 Television.

MCC verbreitet ein sog. „Wohlstandsevangelium“ – also den extremen Glauben, dass sich Reichtum und Gesundheit bzw. Heilung durch den „richtigen“ Glauben erreichen lassen. Regelmäßig berichtet das MCC von Wunderheilungen. Krebs, Aids, Depressionen: alles kann geheilt werden, wenn man nur „richtig“ glaubt…

Doch das ist gefährlich: Die vermeintlich öffentlich auf großen Bühnen – insbesondere im freikirchlich-evangelikalen Umfeld – inszenierten Wunder lassen sich (natürlich) nie beweisen. Durchaus aber, dass diese sich teils als bewusst inszeniert oder gar gefälscht (Link hinter PW) herausstellen, teils nur auf vorübergehende Erleichterung aufgrund regelmäßig bei solchen Events hergestellten ekstatischen Atmosphären zurückzuführen sind. Und nicht selten werden Menschen durch entsprechende Lehren sogar davon abgehalten, wirkliche professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zudem wird denjenigen, bei denen sich der vermeintlich so einfach erreichbare Erfolg nicht einstellt, häufig unterstellt, nicht „richtig“ oder „genug“ zu glauben. Nicht selten werden auch vermeintlich „dämonische Belastungen“ oder „Sünden“ als Ursache ausgemacht. Was schwere psychische und körperliche Folgen bei Menschen hinterlassen kann.

Für Robert Kayanja’s persönlichen Reichtum hat sich die Verbreitung eines Wohlstandsevangeliums hingegen offenbar gelohnt: Laut Le Monde diplomatique pflegt er einen luxuriösen „Superstar“-Lebensstil: Das 2004 von Präsident Museveni eingeweihte Kirchengbäude in einem Armenviertel in Kampala kostete demnach 11 Millionen Dollar. Kayanja sei fast ohne Arbeit reich geworden, fliege erstklassig, habe Bodyguards aus der ugandischen Armee, besitze mehrere Luxusautos und eine Villa im Beverley-Hills-Stil am Viktoriasee. Er hält gute Kontakte zur ugandischen Regierung.

God loves Uganda“ – oder die Einflussnahme evangelikaler Christ*innen zur Verbreitung ihrer menschenfeindlichen Ideologien

Dass die finanzielle Unterstützung – neben Spenden von Gemeindemitgliedern – vor allem aus den USA stammt, räumt Kayanja offen ein. In der Dokumentation „God loves Uganda“, in der es um den Einfluss amerikanischer evangelikaler Christen auf ugandische Politik und Gesellschaft – vor allem im Kontext von LGBTIQ+-Rechten – geht, äußert er sich offen:

American money helped us build this church, […] whatever you see here is the fruit of American labor. [Übersetzung d. Verf.: Amerikanisches Geld hat uns geholfen, diese Kirche zu bauen. Was Sie hier sehen, sind Früchte amerikanischer Arbeit.]

Zwar sind öffentlich keine Positionierungen von Kayanja zu dem (mit Unterstützung insbesondere US-evangelikaler Gruppen) von pfingstlerischen Kirchen energisch unterstützten ugandischen „Anti-Homosexuality-Act“ – einem der weltweit schärfsten Anti-LGBTIQ+-Gesetze der Welt – bekannt. Er selbst wurde wegen Missbrauchsvorwürfen wegen „Sodomie“ mehrfach angeklagt, was sich jedoch bisher offenbar auf „Verleumdungen“ konkurrierender Pastoren zurückführen ließ, die neidisch auf seinen Erfolg gewesen sein sollen.

Dass Kayanja jedoch durchaus mit queerfeindlichen „Größen“ u.a. der US-Evangelikalen Szene zusammenarbeitet, lässt sich gut belegen. Zum Beispiel im Hinblick auf seine große Bewunderung für den US-TV-Evangelisten Benny Hinn: Hinn verkündete 1990 unter Applaus, wie Gott ihm offenbart habe, dass Gott Mitte der 90er Jahre alle Homosexuellen in Amerika „mit Feuer“ zerstören werde. In Kürze wird Hinn zum wiederholten Male in der MCC zu Gast sein. Erst vor einigen Tagen traf Kayanja den ebenfalls queerfeindlichen US-Evangelisten Joel Osteen. Und so weiter…

Der deutsche Ableger: Die „Miracle Centre Church“ in Berlin ruft zur Missionierung von Berlin auf…

Der deutsche Ableger der MCC, die internationale „Miracle Centre Church Berlin„, existiert erst seit 2023. Leiter der Kirche ist Jimmy Ntale (ebenfalls gebürtig aus Kampala), der sich als „geistlicher Sohn des weltbekannten Pastors Robert Kayanja“ bezeichnet. Nach eigenen Angaben ist er zugleich Präsident und Geschäftsführer der in Uganda aktiven „Ntale Hilfsorganisation International e.V.“.

Das von der MCC Berlin veranstaltete Missionsevent „Mission Berlin„, dessen Auftakt ein „Jesus- Marsch“ durch die Innenstadt war, wird auf der eigens eingerichteten Webseite wie folgt beschrieben:

Mission Berlin ist eine kraftvolle, vom Heiligen Geist geleitete Bewegung, die sich der Rettung verlorener Seelen in der Stadt Berlin widmet. Durch die Gnade Jesu und die Kraft des Heiligen Geistes veranstalten wir Konferenzen und Einsätze, die darauf abzielen, depressive Menschen, Jugendliche und Menschen, die Heilung brauchen, zu erreichen. Diese Bewegung, die durch die Zusammenarbeit mehrerer Kirchen ermöglicht wird, bringt Heilung, treibt Dämonen aus und gibt denjenigen, die sich abmühen, wieder Hoffnung – alles im Namen Jesu.

Und:

Mission Berlin ist eine Bewegung, die aus der Sehnsucht entstanden ist, in ganz Deutschland Erweckung zu erleben. Unser Herz schlägt für die Errettung und Befreiung verlorener Seelen und die Wiederherstellung der ersten Liebe zu unserem Erlöser Jesus Christus.

Zu „Mission Berlin“ wurden Robert Kayanja und seine Ehefrau Jessica extra nach Berlin eingeflogen. Und begeistert von der Kirchengemeinde am Flughafen empfangen. Das große „Highlight“ der Missionsveranstaltung findet am kommenden Samstag im ECC statt: Ein Frühstückstreffen mit Pastor Robert Kayanja

Man muss es mit aller Deutlichkeit benennen: Bei „Mission Berlin“ handelt es sich wieder einmal um ein christlich-fundamentalistisches Event, bei dem nach Hilfe, Gesundheit und / oder Orientierung suchende Menschen missbraucht werden. Um sie mit vorgespielter Herzlichkeit durch vorgelogene „Heilungswunder“ für christlich-fundamentalistische und menschenfeindliche Ideologien zu gewinnen – und wohl auch, um an ihr Geld zu kommen…

Unterstützung von deutschen christlichen Gemeinden – und dem größten Hotel Deutschlands

Auch aus der Szene der deutschen Evangelikalen wird „Mission Berlin“ unterstützt. Die Arbeitsgruppe der Evangelischen Allianz Berlin „GottinBerlin“ bewirbt die Veranstaltung auf ihrer Webseite. Die Evangelische Allianz Berlin gehört der Evangelischen Allianz Deutschlands (EAD) an, dem größten deutschen Dachverband der Evangelikalen in Deutschland mit eigener Hauptstadtrepräsentanz in Berlin.

Ebenso mit dabei sind die Prediger Sigrid und Martin Baron vom „Gottes-Haus“. Auf ihrer Webseite vertreiben sie Bücher mit dem Titel „Wie Satan das System dieser Welt regiert“ oder „Der Obrigkeit untertan? Über die Grenzen christlichen Gehorsams. Zudem verbreiten die Barons Verschwörungsideologien u.a. zur Corona-Pandemie und sind mit den „Christen im Widerstand“ verbunden (mehr zu den „Christen im Widerstand“ hier).

Und natürlich darf auch eine Band aus der christlich-evangelikalen Lobpreisszene nicht fehlen. Denn der Lobpreisband-Szene kommt offensichtlich eine ganz besondere „Brückenbauer-Funktion“ hinein in die christlich-fundamentalistische Szene zu. Gerne gibt man sich harmlos, vielleicht ein wenig „speziell“. Bei genauerer Betrachtung ihres Umfelds erkennt man dann jedoch eine regelmäßig eindeutige Verortung, wie jüngst auch die Aktivitäten der Lobpreisband O’Bros und der Besuch einer ihrer Mitglieder bei der rechtslibertären Konferenz der „Alliance for responsible Citizenship“ (ARC) rund um Jordan B. Peterson zeigte. Bei „Mission Berlin“ tritt nun die erfolgreiche christliche Lobpreis-Band „Alive Worship“ aus der Karlsruher „Alive Church“ auf. Vergangenes Jahr hatte sie erst ihren Auftritt auf der umstrittenen UNUM24-Konferenz unter Teilnahme des Trump-Unterstützers und homofeindlichen Predigers Bill Johnson aus der Bethel Church. In ein paar Wochen tritt „Alive Worship“ dann beim vermeintlich liberaleren „Spirit Kongress“ auf – mit Theolog*innen wie der Präses der EKD-Synode Anna-Nicole Heinrich oder dem Worthaus-Theologen Thorsten Dietz. Die Abgrenzung zu christlich-fundamentalistischen Gruppen, sie existiert kaum…

Doch auch der Wirtschaft, in diesem Fall dem Estrel Congress Center Berlin (ECC) – dem größten und umsatzstärksten Hotel Deutschlands – scheint egal zu sein, mit wem sie zusammenarbeitet. So darf mit „Mission Berlin“ nun bereits zum zweiten Mal im ECC die „Pseudo-Wunder-Heilungs-Show“ christlicher Fundamentalist*innen stattfinden. Gerade erst berichteten wir, wie das deutsche Baugewerbe sich auf Kooperationen mit christlichen Fundamentalist*innen einlässt. Auch in der Wirtschaft scheint Rückgrat für ein Einstehen zu den Werten unserer pluralistischen, demokratischen Gesellschaft kaum vorhanden – oder zumindest jegliche Bereitschaft, sich zu informieren, mit wem man zusammenarbeitet, bisher zu fehlen…

Wer wissentlich und willentlich mit christlichen Fundamentalist*innen zusammenarbeitet, macht sich zu deren Komplizen…

Sonja Angelika Strube hat in ihrem Buch „Rechte Versuchung – Bekenntnisfall für das Christentum“ viel bemerkenswert Gutes geschrieben. Ein Zitat – das ebenso für extreme Rechte wie für häufig diesen nahestehende christliche Fundamentalist*innen herangezogen werden kann – sei hier abschließend noch wiedergegeben (ebd., Seite 70):

Wer sich wissentlich und willentlich mit rechten falschen Freunden vernetzt und mit ihnen kooperiert, wer Medien der Extremen Rechten Interviews gibt, als Autor:in für sie schreibt, ihre Demonstrationen besucht oder mit ihnen Demonstrationen oder Kongresse organisiert, macht sich – egal, wie gläubig er ansonsten ist – zum politischen Komplizen und muss sich diese Tat von anderen auch zurechnen lassen. Er macht sich durch sein Tun letztlich selbst zu einem Werbeträger der Rechten und Brückenbauer zwischen politischer Rechter und christlichen Milieus.

Das „Macher Festival“ der „Real Life Guys“

Missionierung christlicher Fundamentalist*innen zwischen Bohrmaschinen und Monster-Cars?

Vom 07. bis 10.08.2025 fand nördlich von Leipzig zum zweiten Mal das sogenannte Do-It-Yourself & Handwerker-Macher Festival des Projekts The Real Life Guys in Kooperation mit zahlreichen Unternehmen aus dem Bau- und Heimwerkergewerbe statt. Das Ferropolis-Gelände wurde dazu in einen riesigen Abenteuerspielplatz verwandelt.

Wer die Geschichte der Real Life Guys und ihr Engagement in der christlich-fundamentalistischen Szene kennt, wird eine dementsprechende „christliche“ Ausrichtung des Festivals zunächst trotzdem allenfalls am Rande finden. Bei genauerer Betrachtung, scheint das Festival aber durchaus auch als „Missionsfeld“ dienen zu sollen…

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Nach 2024 veranstalteten die Youtuber The Real Life Guys nun zum zweiten Mal das DIY & Handwerker-Macher-Festival in Gräfenhainichen auf der Halbinsel des Ferropolis-Gelände. Mit zahlreichen Partnerunternehmen wie Abus, Bosch, Hailo, Hornbach u.v.m. versprach das Macher Festival ein actionreiches Wochenende bei besten Sommertemperaturen, dessen Fokus auf Spaß, Erlebnis und Abenteuer liegt.

Strategische Partnerschaft zur Förderung des Branchennachwuchses?

Das Ganze soll allerdings offenbar auch einen wirtschaftpolitischem Zweck dienen: Erst letzten Monat gingen der Zentralverband Deutsches Baugewerbe und die Real Life Guys eine strategische Partnerschaft in den Bereichen Fachkräfte und Branchennachwuchs ein.

Laut einer hierzu veröffentlichten Pressemitteilung soll die Partnerschaft dazu dienen, die vielfältigen Möglichkeiten einer Ausbildung im Bauhandwerk sichtbar zu machen. Die Real Life Guys seien durch spektakuläre Eigenbau-Projekte wie U-Boote aus Badewannen oder selbstkonstruierte Fluggeräte bekannt, erreichten allein auf YouTube fast zwei Millionen Abonnenten und sprächen mit ihrem DIY-Ansatz gezielt eine junge Zielgruppe an.

Doch beim Projekt der Real Life Guys geht es um mehr…

Die Glaubensgeschichte der Real Life Guys

Tatsächlich ist die Erfolgsgeschichte der Real Life Guys und ihr großer Erfolg bemerkenswert. Wer sich mit dieser aber etwas näher befasst, wird schnell feststellen, dass es dabei um deutlich mehr als actionreiche Youtube-Videos und waghalsige DIY-Aktionen geht. Denn Johannes Mickenbecker, der das Projekt The Real Life Guys zunächst mit seinem Zwillingsbruder Philipp und seiner Schwester Elli startete, ist die Vermittlung seines tiefen christlichen Glaubens sehr wichtig.

Zwar wuchsen die Mickenbeckers bereits in einer streng christlichen Familie auf. Die Eltern unterrichteten ihre Kinder in der Grundschulzeit selbst, da es ihnen wichtig war, dass alle Dinge in Verbindung mit dem Glauben geschehen. Den Weg zum persönlichen Glauben fand Johannes nach eigenen Angaben aber erst nach dem plötzlichen Tod seiner Schwester und während der Krebserkrankung seines Zwillingsbruders Philipp.

Philipp war sich nach seiner Erkrankung zunächst sicher, dass Gott ihn heilen wird. Mit seiner Zuversicht, die er in seinem Glauben fand, war er gefragter Gast in zahlreichen Talkshows und auf christlichen Events, insbesondere in der freikirchlichen Szene. Die letzten Monate seiner Krankheit – bis hin zu seinem Verbluten auf dem Krankenbett – wurden in der Dokumentation „Philipp Mickenbecker: Real Life“ festgehalten (und kein noch so intimer Moment ausgelassen). Kurz nach dem in der Doku festgehaltenem Moment des Sterbens von Philipp verkündet einer der anwesenden (letzten nicht christlichen) Freunde: „Ich lass mich taufen“.

Bereits Anfang 2024 berichtete die taz über die zunehmend (subtil) missionarischere Ausrichtung der Real Life Guys und das schließlich 2020 mit Christopher Schacht, damals in Ausbildung zum Pastor und Missionar am theologischen Seminar des Bundes freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP), gegründete Projekt Life Lion.

Wer sich auf der Webseite von Life Lion umschaut, erkennt schnell das klar evangelikal christlich-fundamentalistische Profil: Im Podcast finden sich Gespräche mit der eng mit dem rechten Influencer „Ketzer der Neuzeit“ verbundenen Jasmin Friesen (damals noch Neubauer) ebenso wie mit dem Prediger Henok Worku von der Vive Church, der auf einer Holy Spirit Night von neuen Bücherverbrennungen träumte. Auch der Youtube-Kanal von Life Lion mit 300.000 Abonent*innen bedient die geradezu „klassischen“ Themenfelder der Szene, wie „rituelle Gewalt“, Satanismus, Abtreibung, „Zwangsprostitution“, Wunder uvm.

Wo versteckt sich „Gott“ beim Macher Festival?

Von all dem bemerkt man bei der Bewerbung und auf der Homepage des Macher-Festivals zunächst nichts. Lediglich für den Sonntagmorgen wird ein Gottesdienst („Sunday Church“) angeboten.

Blickt man auf die Rezensionen des Events im vergangenen Jahr zurück, findet man auch einige kritische Kommentare:

Ansich ein tolles Festival. Schade, dass es so christlich gehalten ist, auch das Bühnenprogramm. War auf der Webseite nicht zu lesen. Werde nicht mehr hin gehen.

Ein weiterer Kommentar sieht dies offenbar weniger tragisch:

Klasse Sache. Etwas sehr christlich angehaucht aber alles im Rahmen des erträglichen. Freut euch schon auf nächstes Jahr.

Bei den auftretenden Bands ist „Gott“ omnipräsent…

Schaut man allerdings auf die auftretenden Bands, so wird die christlich-fundamentalistische Ausrichtung doch sehr deutlich:

Wenig überraschend finden sich darunter die O’Bros, die mit den Mickenbeckers befreundet sind, und über die in den letzten Wochen bereits ausführlich kritisch berichtet wurde (übrigens ohne, dass sich Alexander Oberschelp bisher dazu positioniert hätte, warum er dieses Jahr zum zweiten Mal an der rechtslibertären Konferenz der Alliance for Responsible Citizenship (ARC) teilnahm…).

Des Weiteren die ebenfalls sehr erfolgreiche christliche Lobpreisband Good Weather Forecast, die gemeinsam mit Elijah Thomas Appel auftrat. Appel gehört, ebenso wie Pala Friesen – Ehemann der bereits erwähnten Jasmin Friesen – und Mia Friesen, zur Outbreakband, die ebenfalls der christlich-fundamentalistischen Lobpreis-Band-Szene zuzurechnen ist.

Subtile Missionierung funktioniert eben immer noch am besten über auf den ersten Blick modern wirkende Musik (wer achtet schon auf die Texte?)… Wer an den Bands Gefallen findet, findet sich dann bei einem nächsten Konzert vielleicht schon bei deutlich radikaler ausgerichteten Veranstaltungen wie der UNUM24, der Holy Spirit Night oder einem Gottesdienst des katholischen Theologen Johannes Hartl wieder…

Über Umwege: „Bock auf missionieren?“

Abgesehen davon, scheint den verantstaltenden Real Life Guys bzw. genauer genommen der eigens hierfür gegründeten Macher Festival GmbH aber sehr daran gelegen, den Eindruck eines christlich ausgerichteten Festivals in der Außendarstellung vermeiden zu wollen.

Stattdessen verfolgt man das Anliegen, den „christlichen Glauben“ bei dieser Gelegenheit zu verbreiten, offenbar über Umwege:

So berichtete eine Gruppe der christlich-fundamentalistischen Organisation Campus für Christus (ursprünglich gegründet unter dem Namen „Campus Crusade for Christ“ und u.a. kritisiert für ihre Position zu Konversionsbehandlungen) bereits zum letztjährigen Macher Festival, dass sie von den Real Life Guys eingeladen wurden. Und zwar, so heißt es bei der Gruppe „The Four“ auf ihrer Webseite, „um mit Menschen über Gott und den Glauben zu sprechen – das, was wir am liebsten machen – wie cool ist das denn bitteschön?“.

The Four zeigte sich schon im letzten Jahr begeistert:

Da konnten wir hervorragend mit den wartenden Leuten ins Gespräch über die vier Symbole kommen – sie hingen uns richtig an den Lippen und man konnte mit Jesus “relaten”, als er von einem Boot aus zu den Menschen predigte. […]

Wir brachten auch den Living Bus mit einer Zehnstündigen Fahrt als evangelistischer Begegnungsort mit und bauten kurzerhand einen Kirchen-Aussichtsturm dazu – die Festival-Chappel war perfekt im Herzen des Campings platziert. […]

Also ging es weiter, wir hielten mehrere Evangelistische Inputs mit konkreten Aufrufen, Jesus kompromisslos nachzufolgen. Viele Menschen beteten ein Hingabegebet mit und einige entschieden sich für ein Leben mit Jesus. Irgendwann tauchten die O’Bros und Real Life Guys als Special-Acts auf und wollten den letzten Abend so richtig Party machen mit den Leuten. Doch nach fünf Minuten verabschiedeten sie sich wieder und meinten: „Macht ihr weiter, das passt irgendwie grad nicht in die Atmosphäre hinein.“ Und so wurde aus einer halben Stunde drei (!) Stunden Lobpreis und für viele fühlte es sich an wie Himmel auf Erden! Der Techniker meinte begeistert, dass 1000 Leute da waren. […]

Die Nächte waren kurz, der Schlaf wenig, die Reise lange und die Materialschlacht gross! Aber es hat sich mehr als gelohnt! Crazy, was Gott uns hier ermöglicht hat. Wir sind bereits wieder angefragt für nächstes Jahr.

Und tatsächlich, auch dieses Jahr ist The Four wieder beim Macher Festival vor Ort. Auf seiner Webseite sucht The Four nach Unterstützer*innen für den Missionseinsatz:

Hast du Bock, an dieser wilden Location Jesus gross zu machen? Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie du deine Gaben und Fähigkeiten voll im ganzen Team einsetzen kannst. Wir brauchen jeden und sind sehr gespannt, was Gott dieses Jahr grosses vorbereitet hat. […]

Du kannst dich hier für den Aufbau, das Outreach Camp oder beides anmelden. Erlebe eine unvergessliche Zeit mit Gemeinschaft, Worship, gemeinsamer Gebetszeit und vieles mehr…

Während des diesjährigen Festivals ist The Four offenbar mit einem sogenannten „Living Bus“ aktiv und verteilt „Gewinn des Lebens“-Karten am Glücksrad. Verteilmaterial wie Bibeln und sonstige Traktate wurden offenbar rege verteilt.

Und so findet sich dann neben Monstertrucks und viel Feuerwerk dann doch noch ein Kirchturm mit der Aufschrift „Sprich mit Gott“ auf dem Gelände…

Bilder von der Instagram-Seite des Macherfestivals: Bühne mit Feuerwerk, Monstertrucks, ein aufgebauter Kirchturm

Ein anderer Teil der Gruppe von The Four ist währenddessen zeitgleich beim Missionseinsatz der Organisation ReachMallorca am Ballermann – mit „Heilungsgebeten“ und „Dämonenaustreibungen“ der Christfluencerin Rose de Jesus

Auch eine weitere Missionsorganisation hat sich auf den Weg zum Macher Festival gemacht: Das „Evangelisationsteamsuchte auf seiner Webseite ebenfalls nach jungen Leuten als willige Missionare:

Wen suchen wir?

Junge Leute zwischen 18 und 28 Jahren & offen, extrovertiert & herzlich

Bock auf Gespräche mit Eltern, während ihre Kinder bauen

Geschickt – denn vermutlich werden die meisten Eltern beim Aufpassen auf ihre Kinder also nicht weglaufen können. Obwohl es dazu sicher Anlass gäbe, wenn man sich die Inhalte auf der Seite des Evangeliumsdienst ansieht:

In einem auf der Webseite veröffentlichten Rundbrief wird z.B. vom letzten Bibelseminar und den dortigen Predigten des Bremer Pastors Olaf Latzel aus der Bremer Gemeinde St. Martini berichtet. So müssten Christen laut Latzel „in einem Land, das zunehmend Gottes Ordnungen ablehnt, aufstehen und für diese einstehen„. Unter „Gottes Ordnung“, so führt der Bericht weiter aus, sei „die staatliche Ordnung, die Ehe und die biblische Vorstellung von zwei Geschlechtern“ zu verstehen. Erst vor Kurzem wurde ein wegen Volksverhetzung geführtes Verfahren gegen Olaf Latzel gegen Auflagen eingestellt, seine Bezüge von der Landeskirche gekürzt.

Der perfekte Einstieg in die hippe Rückschrittlichkeit des Evangelikalismus…

Und so bleibt zum Ende dieses Artikels, der mit einem scheinbar harmlosen DIY & Handwerker Event begann und damit endet, wie dieses Event offenbar subtil und manipulativ zur Werbung für christlich-fundamentalistische Ideologien genutzt wird, das gleiche Resümee, wie es die taz in oben bereits erwähnten Artikel bereits vergangenes Jahr formuliert hat:

[D]ie „Real Life Guys“ machen die Szene, die sonst oft in ihrer eigenen christlichen Blase stecken bleibt, zugänglich. Weil sie bei Reizthemen wie dem biblizistischen Weltbild, Purity-Culture und Homosexualität vage bleiben, bilden sie den perfekten Einstieg in die hippe Rückschrittlichkeit des Evangelikalismus.

Doch vage bleiben im öffentlichen Auftritt heißt offenbar nicht, dass entsprechende Positionen nicht radikal vertreten und durchzusetzen versucht werden.

Was sagen eigentlich der Zentralverband Deutsches Baugewerbe und die unterstützenden Unternehmen dazu, dass sie diesen „Einstieg in die hippe Rückschrittlichkeit des Evangelikalismus“ fördern?

Online-Vorstellung der FundiWatch-Broschüre „Christlicher Fundamentalismus & Soziale Arbeit!

Termine am 12.08. und 03.09.2025

Am 22.07.2025 haben wir eine von der Freien und Hansestadt Hamburg geförderte Handreichung über Vorgehensweisen, Strategien und Netzwerke christlich-fundamentalistischer Akteurskonstellationen in der Sozialen Arbeit veröffentlicht.

Wie bereits angekündigt, wollen wir die Broschüre nun in einem Online-Termin vorstellen. Folgende Termine sind geplant:

  • 12.08.2025, 18 bis 20 Uhr
  • 03.09.2025, 13 bis 15 Uhr

Anmeldung mit Hinweis auf Eure Organisation (falls relevant) bitte an fundiwatch_events@posteo.de.

Die Teilnahme ist kostenlos – wir freuen uns aber über Spenden zur finanziellen Unterstützung unserer Arbeit!


Gerne stellen wir unsere Rechercheergebnisse auch im Rahmen individueller Vorträge, Workshops o.ä. vor. Basierend auf unseren Rechercheerfahrungen geben wir dabei gerne auch Recherchetipps für die Praxis, die das Erkennen problematischer christlich-fundamentalistischer Ausrichtungen von Akteur*innen erleichtern sollen. Anfragen hierzu sowie Konditionen im Einzelfall gerne über das Kontaktformular oder per E-Mail.

Christlicher Fundamentalismus & Soziale Arbeit

Handreichung über Vorgehensweisen, Strategien und Netzwerke christlich-fundamentalistischer Akteurskonstellationen in der Sozialen Arbeit

An dieser Stelle veröffentlichen wir unsere Handreichung zur Sensibilisierung gegenüber christlich-fundamentalistischen Aktivitäten in der Sozialen Arbeit. In der durch die Freie und Hansestadt Hamburg geförderten Broschüre werden Vorgehensweisen, Strategien und Netzwerke des christlichen Fundamentalismus in Deutschland analysiert.

Die Broschüre umfasst die folgenden Abschnitte:

  • Begriffsdefinition Christlicher Fundamentalismus
  • Spannungsfelder mit der professionellen Sozialen Arbeit
  • Vorgehensweisen christlich-fundamentalistischer Akteurskonstellationen
  • Beispiele christlich-fundamentalistischer Projekte
  • Recherchetipps für die Praxis

Im Anhang werden zudem Anlauf- und Beratungsstellen sowie Hilfsangebote aufgeführt. Die Broschüre kann hier frei heruntergeladen werden.

Hier kann die zur Veröffentlichung der Broschüre am 22.07.2025 herausgegebene Pressemitteilung aberufen werden.

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Das heterogene Spektrum des christlichen Fundamentalismus umfasst ein weitverzweigtes Netz unterschiedlicher Gemeinschaften, Gemeinden und Gruppierungen bis hin zu NGOs mit dezidiert christlicher Ausrichtung. Gleichwohl ist die Problematik des christlichen Fundamentalismus in der Radikalisierungs- und Extremismusforschung sowie in der zivilgesellschaftlichen und medialen Debatte bislang unterrepräsentiert.

Zeitgleich dringen christlich-fundamentalistische Akteurskonstellationen mehr und mehr (auch) auf Gebiete der Sozialen Arbeit und in Wohlfahrtsverbände vor. Dabei entsteht ein Spannungsfeld zwischen religiöser Zielsetzung und den Bedürfnissen von Klient*innen. Zunehmend verwischt die Grenze zwischen ergebnisoffener, klient*innenzentrierter Sozialer Arbeit und Mission, Glaube und „Rettung“. In einer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft entstehen dadurch Konflikte über Fragen reproduktiver, sexueller und geschlechtlicher Selbstbestimmung, Gleichberechtigung, Gleichwertigkeit und Minderheitenschutz.

Vor diesem Hintergrund zeigt die vorliegende Broschüre anhand mehrerer Beispiele – vorwiegend, aber nicht nur aus dem Raum Hamburg und Schleswig-Holstein – typische Strategien christlich-fundamentalistischer Gruppierungen auf. Sie benennt Handlungsfelder, Binnenthemen und Vorgehensweisen.

Auch wenn die Beispiele regional gewählt wurden, müssen sie im Kontext globaler christlich-fundamentalistischer Aktivitäten verstanden werden, deren regionale Ableger im diskursiven Austausch mit den übrigen Akteur*innen stehen und die, etwa durch Missionsprojekte, auch einen personellen Austausch organisieren.

Die Broschüre ist ein Appell für mehr Sensibilität und einen bewussteren Umgang mit christlich-fundamentalistischen Akteurskonstellationen.

Wir hoffen, mit dieser Broschüre eine Ressource für politische, zivilgesellschaftliche und behördliche Verantwortliche und Interessierte vorzulegen sowie einen – in unseren Augen überfälligen – Debattenbeitrag in der Auseinandersetzung mit erstarkendem christlichen Fundamentalismus.

In Kürze werden wir hier auch noch einen Termin zur Online-Vorstellung der Broschüre mitteilen. Weitere Infos folgen!

Gerne stellen wir unsere Rechercheergebnisse auch im Rahmen individueller Vorträge, Workshops o.ä. vor. Basierend auf unseren eigenen Rechercheerfahrungen geben wir dabei gerne auch Recherchetipps für die Praxis, die das Erkennen problematischer christlich-fundamentalistischer Ausrichtungen von Akteur*innen erleichtern sollen. Anfragen hierzu sowie Konditionen im Einzelfall können ebenfalls an vorgenannte E-Mailadresse gerichtet werden.

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